Antifa Bonn/Rhein-Sieg

Freiheitlich demokratische Grundwerte?

Die SPD in Troisdorf Wir dokumentieren unseren [korrigierten] Flyertext, welchen wir auf der gestrigen Kundgebung gegen den Landesparteitag der AfD in Troisdorf verteilt haben.

Was wir von der SPD nicht zu erwarten haben

Irgendwann einmal, vor 100 Jahren, gab es eine Partei, die sich gemeinsam mit anderen sozialen Akteur*innen zusammenschloss, um den reaktionären und menschenverachtenden Tendenzen im Land etwas entgegen zu setzen. Die SPD war Teil dieser ersten antifaschistischen Aktion. Für die Rechte der Arbeiter*innen, gegen Faschismus … Die alte Leier.

Auch heute noch gibt es eine stabile und motivierte Minderheit faschistischer Agitator*innen in Deutschland, die offensichtlich erfolgreich Teile der sogenannten bürgerlichen Mitte für sich gewinnen können. Und das internationale Parkett rassistischer Hampelmänner und -frauen beweist, dass Deutschland beileibe keine Sonderposition einnimmt.

Das Beispiel USA zeigt, dass ein faschistischer Führer auch den Effekt haben kann, dass sich eine starke antifaschistische Linke formiert. So erzählt man sich, die Antifa NYC habe in den letzten Wochen an die 2000 neue Mitgliedschaften zu verzeichnen gehabt. Zwar hat eine farblose Schreckschraube wie die Petry nicht das ekelhafte Charisma eines Trump, das heißt aber nicht, dass nicht auch in Deutschland von der AfD eine echte Bedrohung ausgeht – Und in diesem Fall ist „Würstchen grillen gegen Rechts“ einfach nicht genug.

Die SPD, in der sie sich untereinander immer noch Genossen [sic] nennen, soll nicht so tun, als wäre das hier ein Engagement gegen die rechte Mobilisierung, die beispielsweise einer AfD zum Aufstieg verhilft. Denn gerade eine neoliberale Politik, wie die der Agenda 2010, spielt doch eine zentrale Rolle für die Verschärfung der sozialen Spaltungen und für das Wegbrechen des Sozialstaats. Sich irgendeinen Zettel mit der Aufschrift „gegen rechts“ anzuheften und dann zu meinen, damit tatsächlich etwas gegen die sozialen Konflikte erreicht zu haben, während im Hintergrund die Rechte der Arbeitnehmer*innen mit Füßen getreten werden, ist wie Pfefferminzbonbons gegen Lungenkrebs.

Ach ja, und die Straßenantifa wird ausgeladen, denn mit „den Steineschmeißern“ will man nichts zu tun haben. Die übliche Auffassung, man habe es mit randständigen Spinnern zu tun, wird dem Phänomen Neorassismus und Neofaschismus einfach nicht gerecht. Die selbstgefällige Gemütlichkeit in der alteingesessenen „Anständigkeit der Mitte“, lässt die werten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten völlig übersehen, dass ihre Bequemlichkeit auf der falschen Überzeugung der strukturellen Gleichheit von linkem Aktivismus und rechter Gewalt beruht. Nur wer so etwas annimmt, kann auch ruhigen Gewissens die Antifa von einer Kundgebung gegen die AfD ausladen. Und es ist nicht nur ein sträfliches Versäumnis, die alten antifaschistischen Wurzeln vergessen zu haben! Denn die Berufung auf freiheitlich demokratische Grundwerte als Begründung mit der radikalen Linken nichts zu tun haben zu wollen, entspricht so sehr der bürgerlichen Ideologie von Konformität und Obrigkeitshörigkeit, dass derartiges Verhalten eher den Rechten in die Hände spielt, als fortschrittliche gesellschaftliche Impulse zu setzen.

Und schon als sie noch in den Kinderschuhen steckte, war die SPD eine grobe Enttäuschung: Der Schulterschluss der MSPD mit den Kaiserlichen 1918 spielte eine Rolle für die zunehmende Kriminalisierung von Linken.

Wenn die Angewohnheit sich immer wegzuducken oder mit den stärksten Kräften zu schwimmen als politische Praxis verstanden wird, nützt auch Würstchengrillen gegen Rechts nicht viel.

Antifa Bonn/Rhein-Sieg, März 2017


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