von: LUST (Liste undogmatischer StudentInnen)
Dass die „Alternative für Deutschland“ (AFD) sich immer wieder schwer damit tut, ihr bürgerliches Image zu wahren, davon zeugt aufs Neue ein Vorfall, der sich heute in Bonn-Beuel abspielte. Von einem Wahlkampfstand aus wurde die Fraktionsvorsitzende der Liste Undogmatischer StudentInnen im Studierendenparlament, Jana Klein, angegriffen und leicht verletzt: „Ich war gerade dabei, einige morgendliche Einkäufe zu machen, als auf dem Fußgängerweg vor mir ein Wahlkampfstand der AFD auftauchte. Ich hatte erst Tags zuvor im Internet von den Statements der Partei gelesen, die von denen der NPD nun wirklich nicht mehr zu unterscheiden sind. Um meine Ablehnung deutlich zu machen, schob ich beim Vorbeigehen einen kleinen Pappkarton mit Werbematerialien, Luftballons und Flyer, vom Tisch“. Wie sehr die Strategie der bürgerlichen Biederkeit aufgeht, zeigt sich in der Fehleinschätzung der Studentin: „Ich dachte die heben den Karton wieder auf, pöbeln mir hinterher und damit ist’s gut“. Doch tatsächlich verfolgte der AFD-Mann Torsten Lange die junge Frau, packte sie, warf sie an ein parkendes Auto und traktierte sie entschlossen mit Fäusten und Knien. „Ehe ich mich versah, drückte mich dieser Mann, der vielleicht doppelt so schwer ist wie ich, an das Auto, schlug mir mit der Faust ins Gesicht, drückte mir auf den Hals. Dann folgten zwei gezielte Kniestöße während er mich festhielt, die mich im Bauch und am Oberschenkel trafen. Das war alles ziemlich entschlossen, der wusste was er da macht.“ Doch die Studentin wehrte sich, schlug dem Angreifer ins Gesicht. „Die Schläge gegen den Kopf konnte ich abwehren, er hat mich kaum getroffen. Von den Kniestößen aber litt ich noch einige Stunden an Bauchschmerzen und Übelkeit. Dann ließ er erschrocken von mir ab und zog sich zu seinem Wahlkampfstand zurück, wo zwei Parteifreunde offensichtlich ebenfalls von der Aktion überrascht waren“. Die Studentin rief die Polizei, die die Personalien der Anwesenden aufnahm.
Was folgte, gleicht der üblichen Strategie, wie sie auch von Schlägern aus der Neonaziszene gern angewandt wird: Auf die Anzeige wegen Körperverletzung stellte der AFD-Schläger ebenfalls eine Anzeige auf den selben Tatbestand. Er hatte durch die Gegenwehr eine sichtbare Verletzung im Gesicht davontragen müssen. „Der Typ hat mich, während ich die Polizei rief, wild mit seinem Handy photographiert und als „Mädchen“ beschimpft, das nicht einmal lesen könne, außerdem sei er ehemaliger Professor für Philosophie. Als ich ihm mitteilte, dass diese Einschüchterung auch gern von militanten Neonazis genutzt wird, schimpfte er auf mich und kündigte an, dass er die Bilder schon weiterleiten würde“. Beim Angriff wurde die Jutetasche des Mitglieds des Studierendenparlaments, das auch seit 1 ½ Jahren gewählte Referentin für Frauen und Geschlechtergerechtigkeit im Bonner AStA ist, zerrissen, der Einkauf quer über den Boden verteilt.
„Man kann meine Provokation für jugendlichen Übermut halten, okay. Ein Argument sieht anders aus. Aber dass ich geschlagen und getreten werde, damit habe ich nicht gerechnet. Ich war wirklich so naiv zu glauben, dass diesen Leuten an ihrem bürgerlichen Auftreten gelegen ist. Ich habe mich nicht einmal umgedreht, weil ich mich von diesen drei älteren Herren erst einmal auch nicht bedroht gefühlt habe.“
Die AFD war in der Vergangenheit immer wieder auch durch körperliche Attacken auf politische Gegner aufgefallen. Erst am 23.04. hatte der stellvertretende Kreissprecher der AFD in Bochum, Johannes Paul, einen jungen Linken mit einer Schusswaffe bedroht. Damals äußerte das spätere Opfer seinen Unmut über AFD-Wahlkämpfer, die Plakate für die anstehenden Europa- und Kommunalwahlen aufhängten, in der Vorbeifahrt von seinem Fahrrad aus. Paul stieg in sein Auto, nahm die Verfolgung auf, bremste das Opfer an einem Parkplatz mit einem riskanten Fahrmanöver aus, lud eine Schreckschusswaffe, also ein realistischer Pistolennachbau mit Reizgas-Munition, durch und bedrohte es damit. Der junge Linke floh auf seinem Fahrrad und erstattete Anzeige. Zum Glück erklärten sich Zeugen bereit, gegen den Bochumer AFD-Vertreter auszusagen.
Torsten Lange ist kein Unbekannter: Nach einer wahren Odyssee durch alle Parteien und rechten Gruppierungen (der rechtsradikalen Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher, SPD, Grüne, CDU Bonn, den rechtspopulistischen Gruppierungen STATT-Partei und Bürger in Wut) verließ er Anfang 2011 die zwei Jahre zuvor beigetretene Vereinigung Pro NRW/Pro Köln, die vom Bundesverfassungsschutz in seinem jährlichen Bericht als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingestuft wird. In den 80er Jahren saß er zwei Jahre für die Grünen im Bonner Bundestag. In einem Interview mit der rechtspopulistischen Webseite „Politically Incorrect“ fordert Lange u. a. einen „Einwanderungsstopp“, die „Verteidigung unserer Identität“ und eine Auseinandersetzung mit dem „linken Zeitgeist“. Pro NRW feierte seinerzeit den Neuzugang, der sich als bildungspolitischer Sprecher betätigen durfte, und verwies auf seine Expertise als Lehrer und Erzieher. Von einer Professur in der Philosophie war dort keine Rede.