Die Demonstration am 13. April 2013 „Gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus – Verfassungs-schutz abschaffen!“ zum Auftakt des NSU-Prozesses kann als voller Erfolg angesehen werden. Damit wurde gezeigt, dass der NSU-Prozess abseits der Sitzplatzvergabe sehr viel mehr Menschen bewegt, welche eindringlich auf eine Debatte zum Thema gesellschaftlicher Rassismus drängen und denen es nicht nur um die einfache Feststellung der Schuld der Angeklagten und deren Bestrafung geht, sondern die eine umfassende Aufklärung der Hintergründe fordern. Besonders Wert gelegt wurde auch auf die Solidarität mit den Angehörigen der Opfer des NSU sowie allen weiteren Opfern rassistischer Gewalt. Ibrahim Arslan etwa, ein Überlebender des Brandanschlags 1992 in Mölln bekräftigte, wie wichtig die Solidarität mit den Opfern rassistischer Anschläge für diese ist. Daher wurde auch für die große Demonstration am 25.Mai in Solingen geworben.
Viele Redebeiträge verdeutlichten dabei, dass wir uns bei der umfassenden Aufklärung der NSU-Verbrechen nicht auf den Staat verlassen können. Dies zeigt zum Beispiel schon das aktuelle Verfahren, in welchem nur 5 der mindestens 100 mehr oder weniger direkt Beteiligten angeklagt werden und in welchem die Rolle und Funktion des Verfassungsschutzes gar nicht thematisiert wird. Gerade deswegen wurde immer wieder auf die wichtige Aufgabe der unabhängigen und kritischen Beobachtung und Öffentlichkeitsarbeit zum Prozess hingewiesen, welche sich die Initiative „NSU-WATCH: AUFKLÄREN & EINMISCHEN“ zur Aufgabe gemacht hat.
Mit bis zu 10.000 Menschen war es die größte antirassistische Demonstration in München seit 20 Jahren. Entgegen der Prognose der Polizei verlief die Demonstration ohne Zwischenfälle. Allerdings verzögerte sich der Start aufgrund des rassistischen Vorgehens der Polizei, um anderthalb Stunden, da sich geweigert wurde loszugehen, bevor die Polizei einen festgenommenen Flüchtling, der mit der Teilnahme seine Residenzpflicht verletzt hatte, zur Demo ließ. Schon am Vorabend hatte der Verwaltungsgerichtshof die Gewaltprognose der Polizei verworfen und Teile des Auflagenbescheids, beispielsweise das Verbot von Seitentransparenten außer Kraft gesetzt. Die Route der Demonstration führte unter Anderem am Mahnmal für das Oktoberfestattentat von 1980 und dem Königsplatz vorbei. Dieser steht stellvertretend für die Vielzahl nationalsozialistischer Spuren in München. Unter anderem fand hier 1933 die antisemitische Bücherverbrennung statt. Weitere Zwischenkundgebungen gab es vor dem Innenministerium sowie amJustizzentrum. Hier wird diesen Mittwoch extra umgebauten Gerichtssaal A102 der Prozess gegen Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, Holger Gerlach, Carsten Schultze und André Eminger beginnen.
In verschiedenen Redebeiträgen wurde die Perversion der rassistischen gesellschaftlichen Verhältnisse zum Ausdruck gebracht. Ibrahim Arslan sagte anlässlich der Ermittlungen von Polizei und Verfassungsschutz, welche die Täter des Brandanschlags direkt im familiären Umfeld vermutete und den Opfer und Angehörigen einen Zusammenhang mit ausländischer, organisierter Kriminalität vorwarfen: „Ein Opfer muss sich keine Vorwürfe anhören, ein Opfer muss Klarheit haben, muss Vertrauen in diesem Staat auf-bauen können. Wir als Opfer haben aber kein Vertrauen in diesen Staat!“ In einem Beitrag der Shoah-Überlebenden Esther Bejarano hieß es: „Wir dürfen den Neonazis in dieser Stadt keinen Fußbreit über-lassen. Wer nicht durch die Hölle von Auschwitz gegangen ist, der kann nicht verstehen, was es bedeutet, wenn Neonazis durch deutschen Städte ziehen.“ Dass Rassismus auch durch die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl in Form der aktuellen Asylgesetzgebung, Abschiebung sowie geistige Brandstiftung tötet, wurde neben einigen Redebeiträgen besonders durch eine Dachaktion auf dem DGB-Haus zum Ausdruck gebracht:
Insgesamt wurde ein klares antifaschistisches Signal zum Auftakt des Prozesses gesetzt. Jetzt gilt es, die Debatte um gesellschaftlichen Rassismus und die Auflösung des Verfassungsschutzes konsequent weiter voran zu treiben!
Solidarität mit den Opfern rechter Gewalt!
Solidarität mit dem Kampf der Flüchtlinge!
Das Problem heißt Rassismus:
Bekämpfen wir ihn – immer und überall!