Am 1. Mai zogen wir laut und selbstbestimmt durch die Straßen Bonns und forderten nicht weniger als das guten Leben für alle!
Im folgenden findet ihr ein paar Impressionen und unseren Redebeitrag, der thematisiert, wie die neue eingeführte „Bezahlkarte“ für Geflüchtete der nächste Schritt zur Arschlochgesellschaft ist.
Der Wettstreit der Arschlöcher
Nun ist sie da: die Bezahlkarte für Geflüchtete, offiziell »social card« genannt. Wie erwartet, ist an ihr nichts sozial.
In Hannover diente die Karte zunächst dem Abbau von Bürokratie, leistete der Digitalisierung Vorschub und erhöhte die Sicherheit für Geflüchtete, die dadurch nicht mehr mit ihrem frisch eingesammelten Bargeld durch die Stadt laufen mussten. Hier durften die Menschen mit der Karte uneingeschränkt am Automaten Geld abheben, Überweisungen tätigen und mit ihr zahlen.
Zunächst noch als Pilotprojekt und Erleichterung für geflüchtete Menschen eingeführt, mauserte sie sich allerdings schnell zu einem ganz wunderbaren Diskriminierungs-Werkzeug. Sachleistungen waren als restriktive Alternative zu Bargeld und Einschränkung der Selbstbestimmung von geflüchteten Menschen schon lange beliebt, da kam die Idee mit der Karte gerade recht.
Wie die Thüringer CDU in der Stadt Greiz zeigte, kann mit ihr wunderbar diskriminiert und restriktive Politik gemacht werden. Geflüchtete dürfen hier nur über wenig Bargeld verfügen; den Restbetrag gibt es auf die Bezahlkarte. Überweisungen können mit der Karte aber nicht getätigt werden. Damit kann auch z.B. ein Handyvertrag nicht abgeschlossen werden. Ins Ausland kann laut dem neuen Gesetz erst recht kein Geld überwiesen werden, damit Geflüchtete kein Geld an ihre Angehörigen oder Freund*innen im Herkunftsland überweisen. Als ob es für Deutschland irgendwie ein Problem sei, dass Asylsuchende von ihren unter dem hiesigen Existenzminimum liegenden Leistungen etwas ins Ausland überweisen. Kann das bei so wenig überhaupt, wer machen? Machen das nicht eher die bereits Verdienenden? Und: Wo ist das fucking Problem, wenn Bedürftige im Ausland Geld aus Deutschland bekommen?
Gezahlt werden kann mit der Karte in Greiz nur innerhalb eines Postleitzahlbezirkes und freilich nur dort, wo überhaupt mit Karte bezahlt werden kann. Günstiges Einkaufen auf dem Flohmarkt, bei Kleinanzeigen, im Sozialkaufhaus, mitunter gar am Kiosk, in der Bäckerei oder im Obst- und Gemüsegeschäft wird damit verunmöglicht. Zudem müssen die Geflüchteten trotz Karte jeden Monat zum Amt, um diese aufladen zu lassen – „zur Kontrolle“, wie Landrätin Schweinsburg sagt. Außerdem seien schon Geflüchtete seit Einführung der Karte aus dem Landkreis zurück in ihre Heimat gezogen. Wie viele in den Monaten zuvor Greiz verließen, wurde dabei nicht berücksichtigt. Also ob Menschen wegen weniger Bargeld wieder in Krisen- und Kriegsgebiete zurückkehren.
Hier kämpft die Regierung in ihrem Rechtsdrift gegen Scheinprobleme. Die restriktive Bezahlkarte hält niemanden von einer Flucht nach Deutschland ab und gängelt lediglich diejenigen, die unter den härtesten Strapazen die Flucht überlebt haben.
Es erinnert an die Mär der angeblich massiven Einsparungen, wenn doch nur die Bürgergeldsanktionen erhöht werden würden. Frei nach dem Motto: Was können wir den Ärmsten der Armen denn bloß noch wegnehmen? Dabei werden immer wieder die sogenannten »Totalverweigerer*innen« aufgeführt – also diejenigen, die Bürgergeld beziehen und jede Arbeit, Maßnahme oder Ausbildung konsequent ablehnen. Diese machen etwa 8000 Menschen aus, sprich 0,0001 % der Bevölkerung. Die Ampel hat schon vollständige Leistungskürzungen vorgesehen; die Opposition (CDU) möchte diese gern dauerhaft verhängen können. Statt sozialer Politik wird sich darum gestritten, wer am stärksten nach unten treten kann. Es könnte ja auch der Mindestlohn erhöht werden!
Der Kampf gegen Scheinprobleme geht munter weiter, die nächsten Opfer der Arschlochgesellschaft sind bereits identifiziert: Bald gibt es dann auch für Bürgergeldempfänger*innen eine »social card« …
Wir erklären uns solidarisch mit allen geflüchteten, ausgebeuteten oder ausgegrenzten Menschen. Erkämpfen wir gemeinsam das gute Leben für alle!